...Vollkommen ungezwungen und daher umso kunstvoller stellt Müller- Wieland der Vielzeitigkeit des Lebens nach [...], und obwohl es Alltagssituationen sind, die beschrieben werden, mit ungeheuerlicher Originalität. [...] Mein persönlicher Favorit ist die "Traunseenovelle", eine Kurzgeschichte par excellence. [...] Von den ersten Zeilen an weiß man, es gibt ein Geheimnis, muß eins geben, und wird gleich mit mehreren belohnt [...] Ein Buch, das zu kurz wirkt, ist genau richtig.
-Andrea Grill, Literatur und Kritik, August 2010
...Alle verlangen nach dicken Romanen: die Verleger. Rezensenten, Buchhändler und -käufer. Dabei gibt es kurze und kurzweilige Erzählungen, die eine ganze Romanwelt auf wenigen Seiten konzentrieren. Birgit Müller-Wieland schreibt solche Erzählungen, und sie beherrscht schon die Kunst des ersten Romansatzes: "Vor einigen Wochen habe ich begonnen, farbig zu träumen." Oder: "Mein Vater verschwand etwa gleichzeitig wie der Begriff saurer Regen." Stets ist man gleich mittendrin im Geschehen, das einem Bruch, einem Aufbruch, der Lösung eines Konfliktes entgegeneilt. Nach und nach wird diskret, mit wenigen Andeutungen, fein ausgelegten Fäden die Vorgeschichte des Dramas eingeholt, das sich gerade jetzt, in der Gegenwart der Erzählung, ereignet. Die elf Geschichten handeln von Liebe, also von der Sehnsucht und der Enttäuschung, von den Riten des Verbergens, den Techniken des Verrats, aber auch vom niemals preiszugebenden Anspruch auf Glück. Die Autorin erzählt behutsam mit verhaltender Expressivität. Birgit Müller-Wieland, 1962 in Oberösterreich geboren, in München lebend, ist keine der bekanntesten, aber eine der besten Autorinnen ihrer Generation.
-Karl-Markus Gauß, Neue Zürcher Zeitung, 04. März 2010
...Die Textur, die Verflechtung der zeitlichen und perspektivischen Ebenen ihrer Erzählungen erzeugen eine Art von Sog, der es nicht leicht macht, die Lektüre ihrer Erzählungen zu unterbrechen. Besonders deutlich etwa in der Erzählung "Warum Neapel". Müller-Wieland beherrscht das Schreibhandwerk bestens. Ihre Sprache ist auf eine komplexe Weise unauffällig, durchsichtig hin auf das Erzählte - eine durchaus lyrische Leistung.
-Dominika Meindl, Kulturbericht OÖ, April 2010
...Die Erzählungen leben von Andeutungen, von Handlungen, die im Verborgenen stattfinden, oder nur von Wünschen und vom Unterbewussten, das den Personen manchmal wie das Klingeln des Handys in den Rücken fährt. Ein Phantomschmerz macht sich breit und muss unterdrückt werden, denn es geht doch um Verletzungen, die man ausgerechnet den Personen zufügt, die man liebt. [...] Nur wenn die Menschen das Schweigen überwinden, können sie zueinander finden und das demonstriert die Autorin in Erzählungen, die vom Kranksein, vom Alter und vom Sterben handeln. Sie lässt Großmutter und Enkelin ("Erzähl mir was Schönes") in einer Symbiose auftreten, in der die Enkelin eine Eigenständigkeit erlangt, die dennoch die Innigkeit mit der Großmutter nicht zerstört, oder sie lässt einen alten Mann im Gespräch mit einem Engel sehr realistisch über das Sterben räsonieren ("Mein Engel"). Birgit Müller-Wieland zeigt wie Leben und Sterben ineinanderwirken und dass das Ende gar nicht so unendlich weit vom Leben entfernt ist, wenn man nicht die Augen davor verschließt. In immerhin zwei Erzählungen gibt es auch ein kleines Glück, das sich nach einer langen Talfahrt der Gefühle durchsetzt. Ein Glück, das Beziehungen durchwächst, die sich nicht verstecken müssen. Perfekt ist der Ausdruck wiedergewonnener Lebensfreude in der Titelerzählung "Wohin auch immer" ebenso wie der sprühende Witz in "Warum Neapel?"
-Silvia Sand, www.literaturhaus.at